Anlässlich zum Tag der Arbeit hieß es unter dem diesjährigen Motto „ungebrochen solidarisch“ endlich wieder „raus zum 1. Mai!“. Die Ziele und Werte, die der Tag der Arbeit zum Ausdruck bringt, sind keineswegs überholt. Viel mehr zeigt sich bei genauerer Betrachtung des Zustands der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in Bayern, dass es enormen Nachholbedarf gibt.
So ist im Freistaat Bayern die Anzahl der Betriebe, die nach Tarif bezahlen, innerhalb von zehn Jahren von rund 60 auf heute 49 Prozent gesunken. Damit ist die Zahl der tarifgebundenen Betriebe in Bayern um 23.000 auf 88.000 gefallen, was bedeutet, dass in Bayern nicht einmal mehr die Hälfte der Beschäftigten in tarifgebundenen Unternehmen arbeitet.
Hier wird deutlich, dass auch die Größe des Betriebs ausschlaggebend ist: Während eine Mehrheit von 70 Prozent der Firmen mit mehr als 200 Mitarbeiter*innen Tarifverträge abschließen, bleibt dies bei kleineren Unternehmen weiterhin die Ausnahme. Zwar verkörpert dieser Trend ein bundesweites Phänomen, doch zeigt sich, dass der Rückgang der Tarifbindung in Bayern stärker ausgeprägt ist als im Bundesdurchschnitt und Bayern unter den westdeutschen Bundesländern die niedrigste Tarifbindung hat.
Noch immer hat Bayern als einziges unter 16 Bundesländer bislang kein Vergabegesetz erlassen. Lediglich in Bayern und Sachsen existiert kein Tariftreuegesetz. Doch wir wissen längst, dass Beschäftigte in nicht-tarifgebundenen Betrieben durchschnittlich länger arbeiten, weniger verdienen und häufiger gekündigt werden. Andersrum wird deutlich: Wer in Bayern nach Tarif bezahlt wird, hat im Durchschnitt jährlich 1.700 Euro netto mehr in der Tasche als die nicht tarifgebundenen Kolleg*innen. In Bayern brauchen wir also wieder mehr Tarifverträge, denn sie führen zu höheren Löhnen, besseren Arbeitsbedingungen und kürzeren Arbeitszeiten.
Hinzu kommt, dass nicht-tarifgebundene Betriebe weniger Fachkräfte ausbilden und Auszubildende nach Abschluss der Ausbildung seltener übernehmen, was angesichts des sich verschärfenden Fachkräftemangels besonders von Nachteil ist.
Als SPD-Landtagsfraktion sehen wir den Landtag in der Pflicht, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um faire Löhne und Arbeitsbedingungen für alle in Bayern beschäftigten Menschen sicherzustellen. Daher haben wir nun als SPD-Landtagsfraktion einen Gesetzentwurf für ein Bayerisches Tariftreue- und Vergabegesetz eingebracht. Es sieht vor, dass staatliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben werden dürfen, die nach Tarifvertrag zahlen (oder mindestens den gesetzlichen Mindestlohn) und sich zu fairen Arbeitsbedingungen verpflichten. Das müssen die Auftragnehmer schriftlich bestätigen und wer dagegen verstößt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen.
Mit diesem Gesetz würden wir für fairen Wettbewerb zwischen Unternehmen sorgen und Belastungen für die sozialen Sicherungssysteme entgegenwirken. Ein besserer Schutz von Arbeitnehmer*innen wäre die Folge. Als SPD-Landtagsfraktion stehen wir damit gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund an der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.