Die Corona-Pandemie trifft auch die Wohlfahrtsverbände: In der sozialen Arbeit sind Einnahmeausfälle abzusehen, die viele Organisationen in Liquiditätsprobleme bringen – Es drohen Insolvenzen
Der Nürnberger Landtagsabgeordnete Arif Taşdelen informierte sich bei den Nürnberger Wohlfahrtsverbänden und fordert Ministerpräsident Söder und die Sozialministerin zum Handeln auf.
Arif Taşdelen lud die Nürnberger Kreisarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände zu einem Fachgespräch, um sich ein Bild der derzeitigen Problemlagen zu machen. An dem Fachgespräch nahmen die wichtigsten Vertreter*innen der Wohlfahrtsverbände teil: Die Arbeiterwohlfahrt, das BRK, die Stadtmission/ Bezirksstelle der Diakonie und der Paritätische Wohlfahrtsverband. Die Gesprächsteilnehmer*innen betonten, dass sie nicht „nur“ für ihre Einrichtungen, sondern für viele Einrichtungen sprechen, die in Nürnberg den sozialen Frieden aufrechterhalten. Allein der Paritätische Wohlfahrtsverband vertritt in Nürnberg rund 70 Organisationen mit einer Vielzahl von Einrichtungen.
Drei Themenblöcke waren besonders wichtig:
1) Die Flüchtlingsberatung
Schon viel zu lange wird von den Trägern eine höhere Finanzierung der Personalkosten in der Flüchtlingsberatung gefordert. Fakt ist, dass durch die vom Freistaat Bayern geleisteten Zuschüsse im Durchschnitt nur ca. 60-70 Prozent der Personalkosten abgedeckt werden können.
Die hohen Eigenleistungen der Verbände sind nicht mehr machbar, zumal es außer Spenden keine weiteren Einnahmen aus anderen Bereichen gibt.
„Wir kennen den gesellschaftspolitischen Wert unserer Arbeit“, so die Vertreter*innen. „Viele Flüchtlinge leben noch in Gemeinschaftsunterkünften, brauchen Hilfe beim Auszug oder Beratung bei ihrer eigenen beruflichen Zukunft bzw. der ihrer Kinder. Es geht um Integration, die ohne Hilfestellung für die Betroffenen nicht funktionieren wird.“
„Wir wollen, dass unsere hundertprozentige Leistung auch durch 100 Prozent Finanzierung abgesichert wird.“ Die Nürnberger Träger von Flüchtlingsberatungen sind sich einig: „Sollten keine höheren Zuschüsse kommen, müssen wir aussteigen. Den gesellschaftspolitischen Schaden haben wir nicht zu verantworten.“
„Der Freistaat Bayern kann sich durch Verlagerung der Kosten auf freie Träger dieser wichtigen Aufgabe nicht einfach entledigen“, so Taşdelen.
2) Kindertagesstätten, Horte und Hilfe für Familien
Viele Eltern haben sich gefreut, als Ministerpräsident Markus Söder öffentlich verkündete, dass der Freistaat die Elternbeiträge übernimmt. Nur wie sieht es tatsächlich aus? Bayern übernimmt pauschal 50€ Elternbeitrag pro Kind für die Zeit, in der die Kitas geschlossen waren, für Kinderkrippen etwas mehr.
Die verschiedenen Träger müssen jedoch wesentlich höhere Elternbeiträge in Rechnung stellen, um die Qualität in den Kitas zu gewährleisten. Besonders absurd ist die Regelung, dass es keinen Ersatz gibt, wenn ein Kind nur einen Tag im Monat (z.B. im Mai) in die Kita geht. Kann es tatsächlich sein, dass der volle Monatsbeitrag von den Eltern eingefordert werden muss, wenn das Kind nur einen Tag die Kita besucht? Um Familien zu entlasten, haben viele Träger auf diese Rechnungsstellung verzichtet und haben jetzt erhebliche Einnahmeausfälle, mehrere hunderttausend Euro fehlen in der Jahresbilanz mancher Träger.
3) Sicherheit und regelmäßiges Testen
Es geht um die richtige Teststrategie, sprich es muss gezielt und regelmäßig getestet werden. Insbesondere in den Pflegeheimen, in den Kitas, beim Rettungsdienst und im Katastrophenschutz, um nur einige Bereiche zu nennen. Es mag grundsätzlich richtig sein, dass Bayern eine große Testoffensive startet. Aber was wir brauchen, ist eine konkrete Planung von Tests in den Einrichtungen.
Unsere Führungskräfte benötigen Klarheit darüber, wer wann und in welchen Abständen sowie zu welchen Kosten getestet wird. Nur so können „Hotspots“ frühzeitig erkannt werden.
Fazit:
Soziale Arbeit in den verschiedensten Ausprägungen und Bereichen ist ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Gesellschaft. Die Wohlfahrtsverbände leisten Hervorragendes, doch der Wert der sozialen Arbeit wird noch viel zu wenig geschätzt. Das Fachgespräch hat nur einige Probleme aufgezeigt. So gibt es z.B. enorme Einnahmeausfälle bzw. Kostensteigerungen bei den Verbänden durch ausfallende Kurse, erhöhte Kosten im Rettungs- und Behindertenfahrdienst, Personaleinsatz zur Umsetzung der Infektionsschutzmaßnahmen und vieles mehr. Die Wohlfahrtsverbände müssen jetzt gestärkt werden! „Eine zweite Welle werden viele Träger möglicherweise nicht überstehen“, sagt Matthias Ewelt von der Stadtmission Nürnberg.
Taşdelen wird sich mit einem dringenden Appell an den Bayerischen Ministerpräsidenten und an die Sozialministerin wenden. An die Sozialministerin hat er die dringende Bitte: „Gehen Sie auf die Betroffenen zu und sprechen Sie direkt über die prekäre Situation.“